Über jüdische Familien, die sich im Solinger Raum niederließen ist für die Zeit vor dem 18. Jahrhundert wenig bekannt. Die nötige Anzahl von zehn religiös mündigen Juden zur Durchführung eines vollständigen Gottesdienstes wurde in Solingen wahrscheinlich erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erreicht. Im Jahr 1787 kauften Michel David und Coppel Samuel ein Haus auf dem Südwall, das bis 1872 als Synagoge diente. Ein jüdischer Begräbnisplatz „auf dem Clauberg” existierte jedoch bereits 1718.
Die Solinger Juden waren in der Regel als Metzger oder im Handel tätig. Erst in der Folge der napoleonischen Herrschaft (1806-1813) erlangten sie nicht nur staatsbürgerliche Gleichheit, sondern es fielen auch die Handwerksprivilegien, so dass sie sich an der Solinger Stahlwarenproduktion und am Waffenexporthandel beteiligen konnten.
1854 entstand die Synagogen-Gemeinde Solingen als Körperschaft des öffentlichen Rechts. 1857 wurde die Opladener Gemeinde angeschlossen, die aber weitgehend selbständig blieb. Vorsitzender der Repräsentanten war der Solinger Gustav Coppel, Vorsitzender des Vorstands sein Bruder Arnold Coppel.
Ein Dauerproblem für die Gemeinde blieb lange Zeit die Anstellung eines Lehrers und Cantors. Einen Rabbiner gab es in Solingen nicht, so dass dieser Vorbeter zahlreiche Aufgaben zu übernehmen hatte. Allerdings war die Bezahlung so schlecht, dass die Stelle kaum zum Bestreiten des Lebensunterhalts ausreichte. Dementsprechend fanden sich kaum Kandidaten, die länger als ein paar Monate blieben. Erst als der Gemeindevorstand die Pflicht zur Ehelosigkeit aufhob, fand sich 1884 mit Max Joseph ein Lehrer, der seinen Dienst über Jahrzehnte in Solingen versah.
1861 hatte die Gemeinde ein Grundstück an der Malteserstraße gekauft, denn das Gebäude am Südwall war durch die stark gestiegene Zahl jüdischer Einwohner als Synagoge viel zu klein geworden. Die Finanzierung des Neubaus zog sich allerdings über mehrere Jahre, so dass erst am 8. März 1872 der neuromanische Kuppelbau mit 150 Plätzen für die Männer, 80 Plätzen für die Frauen, einem Schulraum und einer Wohnung für den Lehrer eingeweiht werden konnte. Es war eine feierlicher Akt mit Festumzug, an der sowohl die Honoratioren der Stadt als auch die Solinger Bevölkerung teilnahmen.
Die gesellschaftliche Emanzipation der Solinger Juden war weit fortgeschritten. Insbesondere Gustav Coppel (1830-1914) hatte eine hohe soziale Stellung im städtischen Leben inne. Der Stahlwarenfabrikant war unter anderem als Stadtverordneter, Kreisvorsitzender der Nationalliberalen Partei und Präsident der Handelskammer politisch aktiv. Denjenigen, die am wirtschaftlichen Aufschwung nicht teilhaben konnten, half er durch seine karitative Großzügigkeit. 1906 initiierte er zusammen mit seinem Bruder Arnold den Coppelstift, der 1912 seine Arbeit im Bereich der Familienfürsorge aufnahm und heute als älteste Beratungsstelle für Erziehung in Deutschland gilt.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verlagerte sich der Haupterwerbszweig der Solinger Juden in den Bereich des Textilhandels. An der Kaiserstraße (heute Hauptstraße) siedelten sich immer mehr jüdische Bekleidungsgeschäfte an, ebenso wie nach der Jahrhundertwende in Ohligs an der Düsseldorfer Straße.
Während des 1. Weltkriegs kämpften jüdische Freiwillige Seite an Seite mit den christlichen Soldaten für ihr Vaterland. Ebenso litten sie nach der Niederlage 1918 unter den immensen wirtschaftlichen Belastungen durch die Kriegsschulden. So konnte es sich die Synagogengemeinde 1924 nicht leisten, den Lehrer Max Joseph in den Ruhestand zu versetzen.
Bei der Volkszählung 1932 wurden in Solingen 265 jüdische Einwohner gezählt, was einem Bevölkerungsanteil von 0,2% entspricht. Bereits im Juni 1933 war dieser Anteil schon auf 0,14% gesunken. Der tödlichen Verfolgung durch den Nationalsozialismus kamen viele Solinger Juden durch Emigration zuvor. Die Mitgliederliste der Gemeinde führte im Oktober 1938 jedoch immer noch 89 Namen auf.
In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden die Synagoge und die Friedhofskapelle, sowie zahlreiche jüdische Geschäfte und Privatwohnungen geplündert und zerstört. Der Redakteur Max Leven wurde ermordet, 32 jüdische Männer verhaftet und die meisten von ihnen ins Konzentrationslager Dachau überstellt. Es folgte die Zwangsarisierung aller jüdischen Unternehmen und die weitgehende Beraubung jeder wirtschaftlichen Lebensgrundlage für die jüdische Bevölkerung, mit dem Ziel, sie in die Emigration zu zwingen.
Die Stadt Solingen „kaufte” der Gemeinde, die nur noch als eingetragener Verein existierte, die Brandruine der Synagoge zum Preis der Abbruchkosten ab. Bis zum Auswanderungsverbot im Oktober 1941 gelang noch einigen Juden die Flucht ins Ausland, danach begannen die Deportationen in den Osten. Im Juli 1942 wurden die letzten Vorstandsmitglieder nach Theresienstadt deportiert, unter ihnen der Vorsitzende Dr. Alexander Coppel und der frühere Schatzmeister Georg Giesenow. Der Arzt Dr. Emil Kronenberg wurde im September 1944 zusammen mit sechs weiteren bislang durch Mischehen geschützte Juden ebenfalls nach Theresienstadt verschleppt.
Der 80-jährige Kronenberg erlebte die Befreiung des KZ im Mai 1945 und kehrte nach Solingen zurück, ebenso wie die Kinderärztin Dr. Erna Rüppel, die nach der Scheidung von ihrem christlichen Ehemann untergetaucht war. Der weitaus größte Teil der jüdischen Mitbürger Solingens war jedoch vertrieben oder ermordet worden, das ehemals blühende Gemeindeleben vernichtet.
Heute zählt die Jüdische Kultusgemeinde Wuppertal, zu deren Einzugsbereich auch Solingen zählt, wieder mehr als 2.000 Mitglieder, von denen die meisten aus den ehemaligen Sowjetrepubliken stammen.
Nach Wilhelm Bramann „Geschichte der Juden in Solingen” in Michael Brocke (Hg.) „Der jüdische Friedhof in Solingen”, Solingen 1996